Die Azubitage 2022 standen unter dem Motto: Andere Erfahrungen sammeln, Wissen vertiefen, sich austauschen und Netzwerken. 16 Auszubildende aus sechs Einrichtungen (Eberswalde, Halle, Neuenhagen, Nächst-Neuendorf, Strausberg und Wilhelm-Stift ambulant) und vier Dozent*innen verbrachten Ende Mai zwei spannende Tage in der MeSo Akademie Eberswalde, einer kooperierenden Pflegeschule der ProCurand. Einige ProCurand-Azubis machen eine generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Das heißt, sie erlernen - anders als in der klassischen Ausbildung zur Altenpfleger*in - Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen zu versorgen. Es waren Auszubildende aus allen Lehrjahren mit dabei, also welche, die bereits im dritten Lehrjahr am Ende der Ausbildung sind und welche, die gerade erst mit der Ausbildung begonnen haben. Anfangs gab es eine Kennenlernrunde, in der die Erwartungen der Azubis an die Veranstaltung erfragt wurden (Informationen über Generalistische Ausbildung, Karrieremöglichkeiten und Gehalt nach Abschluss der Ausbildung, Austausch untereinander usw.). Auch Regeln wie: die Handys lautlos stellen, Pünktlichkeit, kein Alkohol, respektvoller Umgang miteinander etc. wurden vereinbart. Dann ging es sofort praktisch los.
Hygiene - wie effektiv ist meine Händedesinfektion
Los ging der erste Tag mit dem Programmpunkt: Hygiene – wie effektiv ist meine Händedesinfektion? Bärbel Haupt, Fachberatung Reinigung demonstrierte anschaulich, wie wichtig die Handhygiene und -pflege ist. Die Azubis desinfizierten sich ihre Hände mit einem speziellen Desinfektionsmittel mit fluoreszierenden Substanzen. Dann hielten sie die Hände unter eine Schwarzlichtlampe. Die Auszubildenden staunten nicht schlecht und waren sehr beeindruckt, als sie unter der Schwarzlichtlampe sahen, welche Hautstellen trotz vorbildlicher Händedesinfektion nicht desinfiziert waren, berichtet Bärbel Haupt. Lernziel dieser Übung war es, den Keimstatus sichtbar zu machen und dafür zu sensibilisieren, wie wichtig eine sorgfältige Handhygiene ist. Außerdem visualisierte Bärbel Haupt wie wichtig Hautschutz ist. Ein Zuckerwürfel wurde in Hautschutzcreme getaucht, ein zweiter blieb unbehandelt. Beide Zuckerwürfel wurden in ein Glas mit Wasser gegeben. Der unbehandelte Zuckerwürfel löste sich auf und der mit Hautschutz eingecremte Zuckerwürfel blieb weitestgehend intakt. Auch dieses anschauliche Beispiel wurde von den Azubis positiv aufgenommen. Im Anschluss ging es um den Umgang mit Dienstkleidung. Bärbel Haupt erläuterte noch einmal die Begriffsdefinition von Arbeitskleidung. Diese Kleidung wird von der ProCurand gestellt und sollte die Privatkleidung vollständig bedecken. Es müssen die Vorgaben des Waschverfahren nach RKI und das Waschmittel der VAH-Liste eingehalten werden. Eine Haushaltswaschmaschine ist nicht geeignet, weil die nötige Temperatur/Temperaturhaltezeit nicht gewährleistet ist. Wichtig ist es, die Dienstkleidung nicht mit nach Hause zu nehmen und dort zu waschen, weil es Haushaltswaschmaschinen nicht auf die nötige Temperatur/Temperaturhaltezeit schaffen. Am Nachmittag teilten sich die angehenden Pflegefachkräfte in Kleingruppen auf und arbeiteten an individuellen Fallbeispielen, die in verschiedenen Pflegesettings mit präparierten Pflegepuppen anschaulich und realitätsnah dargestellt wurden.
Fachkompetenz Wundversorgung einer PEG Sonde
Zum Beispiel sollte eine alte Dame im Setting der stationären Langzeitversorgung versorgt werden, der eine Magensonde durch die Bauchdecke (PEG-Sonde) gelegt und eingewachsen war. Unter Leitung von Clemens Dewitz, Bildungsreferent Berufsanerkennung internationaler Pflegekräfte am ProCurand Campus, sollten die Azubis die Probleme in der Versorgung erkennen und erarbeiten, wie sie diese lösen würden. „Eine eingewachsene PEG ist ein fataler Pflegefehler!“, sagt Clemens Dewitz, der viele Jahre in der Gastroenterologie und in der Endoskopie tätig war. „Alle Teilnehmer*innen haben das Problem aber erkannt. Diese Praxisübung sensibilisiert die Auszubildenden, Wunden wirklich genau anzuschauen und deren Zustand einzuschätzen.
Fachkompetenz Wundversorgung und kommunikative Skills
In einem anderen Fallbeispiel ging es um ein ambulantes Versorgungssetting: Ein Mann mittleren Alters kommt frischoperiert aus dem Krankenhaus nach Hause. Er hatte einen Darmverschluss und im Krankenhaus wurde ihm ein künstlicher Darmausgang gelegt. Seine „anstrengende Ehefrau“ serviert ihm verkehrtes Essen, die den künstlichen Darmausgang ablösen lässt und die OP-Wunde verschmutzt. In dieser Einheit, die Janine Maier, Campus Bildungsreferentin Berufsausbildung Pflege, leitete, standen die kommunikativen Fähigkeiten der Azubis im Vordergrund. Sie sollten mit der Ehefrau (die Janine Maier spielte) sprechen und ihr erklärten, wie wichtig es ist, sich an die vorgeschriebene Ernährung zu halten. – „Die Auszubildenden entwickelten richtiggehend schauspielerisches Talent bei dem Rollenspiel. Sie waren mit Begeisterung dabei und wir haben sehr viel gelacht“, erzählt Janine Maier.
Abends übten die zukünftigen Pflegefachkräfte gemeinsam Puls- und Blutdruckmessen. Sie bestimmten ihren Blutzuckerspiegel und nahmen sich gegenseitig Blut ab. „Alle waren superstolz, dass sie sich gegenseitig Blut abgenommen haben und die meisten nahmen die Röhrchen wie eine Trophäe mit nach Hause“, berichtet Clemens Dewitz.Der erste Tag des Azubitreffens war randvoll gefüllt mit neuen Eindrücken und Spaß. Trotzdem wurde bei Pizza und kalten Getränken noch bis spät abends kräftig Networking betrieben.
Das Alter spüren
Der zweite Tag startete mit dem Programmpunkt “Das Alter erspüren“- einer Alterssimulation. Dabei alterten unsere Azubis in Minuten um Jahrzehnte. Ein Altersanzug simulierte die Gebrechen des Alters. Wer ihn trug, dem erschwerten Gewichte an den Knöcheln und Knien das Gehen. Allein die zwei bis drei Kilo schwereren Beine zu heben, war sehr anstrengend. Gewichte an den Armgelenken und Fahrradhandschuhe schränkten die Bewegungen der Hände ein. Und nicht zuletzt simulierten Kopfhörer und Brille das alterstypisch nachlassende Gehör und Augenlicht. Die plötzlich Altgewordenen schlurften durch die Flure und stiegen Treppen. Ein Lernziel der Alterssimulation war es, sich zukünftig besser in die Rolle der Pflegeempfänger*innen versetzen zu können und sensibler zu werden für deren eingeschränkte Mobilität. Außerdem erfuhren unsere Azubis am eigenen Leibe, wie wichtig es ist, Hilfsmittel zur Verfügung zu haben. Wie sehr Rollatoren zum Beispiel helfen, zu stabilisieren und die Fortbewegung sicherer zu gestalten. Eine eindrucksvolle Erfahrung, die ihnen hilft, zukünftig immer daran zu denken, Hilfsmittel wie Rollatoren anzubieten und einzusetzen. „Viele haben hinterher zu uns gesagt: Ich möchte nicht alt werden! Dieser Rollentausch wurde als beschwerlich, aber auch als sehr eindrücklich erlebt. Als junger Mensch kann man sich theoretisch schwer vorstellen, wie das Alter ist“, sagt Sandra Jakubowski.
Pflege-Escape-Room
Am Nachmittag ging es in einem Pflegezimmer, in dem Patientenpuppe Manny lag, darum, gemeinsam eingebaute Fehler zu entdecken: So war zum Beispiel das Fenster sperrangelweit geöffnet, die Bettdecke kotverschmiert, Manny war nicht angemessen gekleidet und sein Wundverband nicht fachgerecht angelegt. Unser Pflegenachwuchs fand gemeinsam alle Fehler, wusste auch, wie sie zu beheben waren. „Wir beobachteten an beiden Tagen immer wieder die großartige gegenseitige Unterstützung. Ich zeig dir das, diesen Satz haben wir sehr oft gehört. Auch deswegen waren es rundum gelungene Azubitage“, so lautet das Fazit von Sandra Jakubowski, Teamleitung Berufsausbildung Pflege und die drei anderen Dozent*innen stimmen zu. Unsere Azubis wollen untereinander im Kontakt bleiben und alle freuen sich - sofern sie dann nicht schon fertig sind mit der Ausbildung - auf das nächste Azubitreffen. 2023 werden die Azubitage höchstwahrscheinlich irgendwo in Mitteldeutschland stattfinden, damit auch unsere Auszubildenden aus dem Süden einfacher teilnehmen können. Zeitpunkt und Ort stehen aber noch nicht fest.